23. September 2024
Lissabon gehört zu den größeren Städten der Europäischen Union. Fast drei Millionen Menschen leben im Großraum Lissabon. Doch ist die Stadt auch eine Weltstadt? Sie hat einige Auszeichnungen zu bieten: u.a. UNESCO-Welterbestätten, Kulturhauptstadt Europas, World Travel Awards, …und sogar 2020 Umwelthauptstadt Europas, wegen dem wachsenden Radwegenetz ??? und dem Ausbau des ÖPNV. Dazu später mehr. Lissabon hat eine ruhmreiche und weniger ruhmreiche Geschichte. Der Seefahrer Vasco da Gama hat von hier aus den Seeweg nach Indien entdeckt und Portugal damit zu einer führenden Wirtschaftsmacht gemacht. Weniger ruhmreich war die Ausbeutung der portugiesischen Kolonien in Afrika, Asien und Südamerika. Damals war Lissabon eine Weltstadt.
Heute schauen wir uns die Stadt an dem riesigen Fluss Tejo mal an. Von unserem Campingplatz fahren wir mit Bus und Bahn in die Innenstadt. Die Stadtviertel, durch die wir fahren sehen eher ärmlich als weltstädtisch aus. In der historischen Altstadt ist viel los. Überall sind vor den Sehenswürdigkeiten lange Schlangen. Dazu haben wir keine Lust. So laufen wir über steile Gassen zu dem oberen Ende eines Aufzugs, statt hoch zu fahren. Von der Plattform verschaffen wir uns einen Überblick über die City. Lissabon erstreckt sich über mehrere steile Hügel. Das neue Nahverkehrssystem ist nichts besonderes, dafür das historische. Aufzüge, Rolltreppen, Zahnradbahnen und vor allem die alte Tram verbindet die Stadtteile miteinander und bringt ihre Bewohner, heute meist auch Touristen, bequem in die höheren Ebenen. Wir probieren alles mal aus. Die Straßenbahn fährt durch kleinste Gassen, steil und kurvig, manchmal streift sie fast die angrenzenden Hauswände. Sie fährt langsam und ruckelt. Wir fühlen uns etwas an eine Kinderbahn auf der Kirmes erinnert. Wir suchen die Miradoures, die Aussichtspunkte. Der höchste ist auf dem Castelo de São Jorge. Angesichts der langen Schlange vor dem Eintritt verzichten wir darauf. Es gibt noch viele andere.
Nach und nach schlendern wir zu den Sehenswürdigkeiten. Sie sind gut erhalten im Gegensatz zu vielen Privathäusern, die allmählich zerfallen. Wie in Porto ziehen die Menschen aus der Altstadt in die Vororte. In den engen Gassen wohnen nur noch die Alten. Oder Touristen. Kultur geht verloren. Trotzdem haben die Gassen mit den gefliesten Häusern ihren Charme bewahrt. Das Ensemble ist eine Besonderheit, die einer Weltstadt würdig ist. Eine Besonderheit erwartet uns auch am Ufer des Tejo: die Ponte 25 de Abril. Eine 2,3 Kilometer lange Hängebrücke aus Stahl. Sie ist weltweit die drittgrößte Brücke mit kombiniertem Straßen- und Bahnverkehr auf zwei Ebenen. Und sie sieht aus wie die Golden-Gate-Bridge. Kein Wunder. Sie wurde vom gleichen Architekten geplant und vom gleichen Bauunternehmen gebaut. Und dann noch mit der gleichen rot-orangen Farbe gestrichen. Sie ist ein Wahrzeichen von Lissabon. Benannt wurde sie nach dem Datum der Revolution 1979, die die Diktatur des Salazar-Regimes ablöste. Vorher hieß sie Ponte Salazar.
Im Stadtviertel Belém wollen wir uns noch ein zweites Wahrzeichen ansehen. Den Torre de Belém. Das geht leider schief. Ein PKW will die historische Straßenbahn, in der wir sitzen, überholen. Sie tuckert langsam auf ihren Schienen dahin. Plötzlich streift das Auto die Bahn. Wird umgelenkt und die alte gelbe Holzbahn knallt voll in das Auto hinein. Die arme Tramfahrerin ist geschockt. Sie hat nichts falsch gemacht. Den beiden Insassen im Auto ist nichts passiert. Das Auto ist Schrott. Wir steigen aus und wollen mit dem Bus weiter. Doch im Bus stehen wir im Stau. Ein Stau wie in jeder Weltstadt in der Rush Hour. Wir geben auf, gehen einkaufen und fahren zum Campingplatz. Wir haben genug gesehen. Ob Lissabon eine Weltstadt ist, können wir nicht beurteilen. Eine schöne sehenswerte Stadt ist Lisboa auf jeden Fall.
Raus aus der Stadt
24. September 2024
Mit dem Rad raus aus der Millionenstadt zu kommen, ist genauso schwierig wie rein zu fahren. Über Hauptstraßen durch neue Handelsviertel und ältere Wohnviertel mit hässlichen Hochhäusern fahren wir bis Belém. Entlang des Tejo gibt es dort einen neuen Radweg. Vielleicht hat Lissabon dafür seine Auszeichnung bekommen? Wir sehen jetzt doch noch den Torre de Belém. Und nochmal die Hängebrücke. Mit der Fähre fahren wir über den Fluss. Und hoffen, dort schneller aus den städtischen Gebieten herauszukommen. Falsch gedacht. Die drei Millionen Menschen müssen ja irgendwo wohnen. Es ist nicht schön hier. Verwahrloste Wohnsilos, überall Müll am Straßenrand und viele, viele Autos. Nur die letzten 15 Kilometer durch Weinberge, Wald und über Berge vor Setúbal sind angenehm. Hoffentlich wird es südlich von Setúbal besser. Doch heute bleiben wir erst mal nördlich der nächsten großen Stadt. Es fängt an zu regen. Die Bungalows auf dem Campingplatz sind alle vermietet. Dann schlafen wir halt im Zelt. Endlich einmal zum niedrigsten Preis ever: acht Euro kostet die Nacht.
Nass bis auf die Haut
25. September 2024
Nach dem Frühstück im Zelt nehmen wir die Fähre von Setúbal zur Lagune. Es wird geworben mit einer der schönsten Lagunen der Welt. Im Nebel und Nieselregen sehen wir nicht viel davon. Nur eine nicht sehr reizvolle Stadt, einen Containerhafen, Erdölraffinerien, Zementwerke und Kriegsschiffe eines großen Marinestützpunktes. Auf der anderen Seite Luxusresorts und Baustellen. Vielleicht sind wir auch etwas voreingenommen. Unsere Tochter Sarah hat hier vor Jahren an einem Europacup im Freiwasserschwimmen teilgenommen. Resultat: sie hatte eine so schlimme Magen-Darm-Erkrankung, dass sie Infusionen bekommen musste. Also schwimmen gehen wir hier nicht. Nass werden wir auch so.
Auf der Landzunge der Lagune fahren wir durch eine Dünenlandschaft. Endlich wieder Natur und wenig Autos. Aber es nieselt, immer stärker, bis der Niesel in Regen übergeht. Gut für den Reis, der hier angebaut wird. Wir fahren durch Ortschaften, in denen wir mehr Störche als Menschen sehen. Sie haben ihre Nester auf allen Masten gebaut. Praktisch für sie, dass die Stromleitungen in Portugal noch über der Erde verlaufen. Völlig durchnässt machen wir an einer Bar halt. Der Café Galão wärmt nur kurz. Die nasse Fahrt dauert. Der Gegenwind bremst und wir haben den Regen immer voll im Gesicht.
Vor Sines hört es auf. Wir haben ein Zimmer in einem kleinen Hostel gebucht. Ins nasse Zelt wollen wir heute nicht. Sines hat eine kleine historische Altstadt, eine Burg und mehrere Häfen. Einen Fischerhafen, einen Jachthafen und einen Hafen, in dem riesige Tanker Flüssiggas anliefern und in einem LNG-Terminal in eine Pipeline umleiten. Die gigantische Pipeline bringt dann das Gas aus Übersee in den Hafen von Lissabon. Ein Handel über den Atlantik. Sines berühmtester Bürger hat schon im 15. Jahrhundert für Handelsbeziehungen mit anderen Kontinenten gesorgt. Der Seefahrer Vasco da Gama ist hier geboren. Der, der als erster Afrika umsegelt hat und bis Indien gereist ist. Jetzt steht er in Bronze gegossen über dem Strand von Sines. Er wird in Portugal verehrt, die neuere Brücke in Lissabon, die längste Europas, wurde nach ihm benannt. Seine Statue ist wieder getrocknet, wir auch.
























