05. Oktober 2024
Geplant ist eine Strecke, die 30 Kilometer am Strand entlang führt. Bis zur breiten Mündung des Guadalquivir in den atlantischen Ozean. Dort gibt es eine kleine Fähre. Eine Straße gibt es nicht. Nördlich des Strandes ist das Naturschutzgebiet Coto de Doñana und entlang des fünftgrößten Flusses Spaniens eine riesengroße Schwemmlandebene. Die erste Brücke gibt es in Sevilla. 80 km entfernt. Die Fahrt am Strand ist als Radweg ausgeschildert. Doch sie hat ihre Tücken. Befahrbar ist der Strand nur zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach dem Tiefstand der Ebbe. Dann ist der Sand zu weich. Schafft man es in der Zeit nicht, könnte man auch nicht übernachten und die nächste Ebbe nutzen. Der Naturpark muss abends verlassen werden. Es wird mit Fahrzeugen am Strand kontrolliert. Die Strafe beträgt 600 Euro. Wir informieren uns über die Tide-Zeiten. Sie passen nicht. Wir müssten früh morgens dort starten. Doch bis zum Start sind es noch 30 km und übernachten können wir auch nicht. Es gibt keinen Campingplatz, nur Golfresorts. Wir sind uns nicht sicher, ob der Sand mit unseren schweren Rädern mit Gepäck überhaupt fahrbar ist. Was tun? Wir entscheiden uns für einen großen Umweg. Bis fast nach Sevilla. Nicht bis zur Brücke aber bis zu einer Fähre über den Guadalquivir. Das kostet einen weiteren Reservetag. Egal. Irgendwie müssen wir ja weiter.
Es geht nach Norden. Über Straßen ohne Autos, mal asphaltiert, mal Gravel. Durch wunderschöne Pinienwälder des Naturparks. Wir genießen die Fahrt. Lassen auch mal unsere Drohne fliegen und haben sogar einen Campingplatz im Wald kurz vor Sevilla gefunden. Alles gut. Nicht ganz. Eine neue Begegnung mit Insekten jagt uns kurz einen Schrecken ein. Wir fahren bergab und plötzlich mitten durch einen Bienenschwarm. Einige berühren uns, stechen aber nicht. Dann sind wir durch. Das ist nochmal gut gegangen. Sabine ist Bienenallergikerin. Dann haben wir vorm Supermarkt auch noch unseren ersten Platten. Nach über 4000 km. Unser Zeltnachbar ist ein netter älterer Herr aus den Niederlanden. Er ist mit seinem Wohnmobil selbst nach Marokko unterwegs. Er begrüßt uns mit einem Willkommensgetränk. Unser Umweg war heute eine schöne Radtour. Eventuell schöner als 30 km Strand.
Hitze, Staub und Ödnis
06. Oktober 2024
Die Fahrt beginnt vielversprechend. Wie gestern fahren wir auf einsamer Straße durch die Pinienwälder des Naturparks. Einige Radfahrer sind hier am Sonntag unterwegs. Dann ist Schluss. Wir erreichen die Schwemmlandebene des Guadalquivir. Jetzt im Oktober ist sie ausgetrocknet. Nur in Kanälen aus Beton fließt noch Wasser. Wasser für die Landwirtschaft. Für Reis- und Baumwollanbau. Zwei landwirtschaftliche Produkte mit extrem hohen Wasserverbrauch. Für die Produktion von einem Baumwoll-T-Shirt sind bis zu 2000 Litern Wasser notwendig. Sieben bis neun Kilogramm CO2 werden ausgestoßen und jede Menge Pestizide gebraucht. Keine ökologische Landwirtschaft. Und wir fahren den ganzen Tag mitten durch. Einzige Abwechslung ist die Fahrt mit der Fähre über den Guadalquivir. Sie dauert nur einige Minuten. Dann wieder Reis und Baumwolle. Manche Felder sind kilometerlang. Sabine misst sie mit ihrem Tacho ab. Die Ernte ist in vollem Gange. Auch heute am Sonntag. Die riesigen Baumwollpflückmaschinen wirbeln zusätzlich Staub auf. Es ist heiß, staubig und öde. Dann noch Gravel. Die wenigen Dörfer in den Plantagen sind trostlose Orte.
Wir umfahren Sevilla. Sie ist sicher eine sehr interessante Stadt, doch wir haben sie nicht auf dem Plan. In einer Vorstadt, in Los Palacios y Villafranca, trinken wir einen Café. Und dann sehen wir sie. Hunderte Störche. Sie kreiseln über uns und lassen sich in Scharen im einzigen Grün nieder. In einem Schwemmlandkanal mit Wasser und grünem Gras. Sie stärken sich für den Weiterflug. Dort überlebt heute sicher kein Frosch. Wir schauen ihnen zu, bevor wir uns weiter über schnurgerade Straßen durch Hitze und Staub kämpfen. Ein Vorgeschmack auf Marokko? In einem weißen Ort auf einem Hügel haben wir ein Zimmer in einem Hostal gebucht. Hier in Lebrija gibt es keine Touristen. Wir suchen nach einem Restaurant. Endlich finden wir eine Pizzeria. Nur ein Tisch ist besetzt. Doch kurz nach neun ist alles voll. Ausgehzeit für die Spanier. Schlafenszeit für den Saarländer.














