Buller River

05. März 2025

Nach einem langen Telefonat mit Sarah brechen wir auf. Es war das positivste Gespräch mit ihr seit dem tragischen Verlust. Nicht ohne Tränen. Die täglichen Telefonate sind sicher kein Ersatz für eine Umarmung. Aber trotzdem denken wir alle drei, dass es die richtige Entscheidung war, unsere Reise fortzusetzen.

Wir fahren los. Gegen heftigen Wind. Gestern kam er noch aus Süd-West, heute kommt er aus Süd-Ost, mit Spitzen von 35 bis 65 km/ h. Keine Frage, wir fahren nach Süd-Ost! Auf den ersten Kilometern auf dem Radweg sind wir noch etwas geschützt. Dann erwischt uns der Wind auf der Straße frontal. Wir fahren in die Buller Gorge, einer Schlucht an dem breiten Buller River. Glücklicherweise wird der Gegenwind im kurvenreicheren Flusstal schwächer. Das Tal ist wunderschön: es gibt steile, felsige und mit dichtem Wald überwucherte Hänge an beiden Ufern des glasklaren Flusses in einem breiten Kiesbett. Bei Regen ist der mehr als doppelt so breit. In dem Kiesbett und den Hängen wurde früher Gold entdeckt. Auch hier entwickelte sich im 19.Jahrhundert ein regelrechter Goldrausch. Für Straßenbauer war die Buller Gorge lange Zeit eine riesige Herausforderung. Spektakulär ist Hawks Grag. Hier gibt es heute noch eine enge einspurige Straße, die in den Fels geschlagen wurde.

Heute sind die meisten Goldgräbersiedlungen verschwunden. Die kurvigen 100 km von Westport bis Murchison sind Niemandsland. Wir haben lange überlegt, ob wir sie am Stück fahren sollen. Mit vielen vielen Höhenmetern. Doch dann haben wir sie gedrittel. Heute fahren wir nur ein Drittel, morgen zwei. Das ist gut so, bei dem heftigen Gegenwind, und mehr als 1.000 Höhenmetern. Nach 40 km gibt es in Berlins ein Café mit Backpacker und einem Hotelzimmer. Essen können wir im Restaurant. Dort machen wir Station.

Früher gab es hier ein kleines Goldgräberdorf. Eine nicht sehr freundliche Heimat zum Leben. Die Region liegt auf einer sogenannten Fault Line, einer Verwerfungs-Linie, auf der sich die Pazifische und die Indo-Australische Platte treffen. Immer wieder gab es hier starke Erdbeben, wenn sich die Plattengrenzen verkanten. Doch die Menschen ließen sich früher nicht davon abschrecken. Auch nicht von Sandfly-Schwärmen. Gold- und Kohlevorkommen lockten sie an. Heute ist das 60 km entfernte Murchison die einzige Siedlung weit und breit. Dort bebte 1929 und 1968 die Erde zerstörerisch. Wir hoffen, dass die Bruchzone heute nicht aufbricht. Und dass wir von den Sandflies verschont bleiben. Eine riesige blecherne Sandfly-Skulptur steht als Warnung vor Berlins Café. Moskitonetze halten die Biester davon ab, in unser Zimmer zu kommen. Alles gut!

Buller River 2

 06. März 2025

 Nebel verhüllt am Morgen den Buller River. Es ist kalt. Nur 7,5 Grad zeigt unser Thermometer an. Wir hoffen, dass es bald in der Sonne wärmer wird. Es geht weiter am Fluss entlang. Auch heute mit vielen Steigungen und Kurven. Der Verkehr ist eigentlich moderat. Trotzdem gibt es wieder rücksichtslose Autofahrer, die viel zu nah an uns vorbeifahren. Sabine ist es irgendwann zu viel: „Die vermiesen uns die ganze Tour. Wie können wir die tolle Straße und die Landschaft genießen, wenn wir jedesmal, wenn uns ein Auto so eng überholt, die Luft anhalten?“ Dabei gibt es auch in Neuseeland eindeutige Abstandsregeln. Zu Hause fahren wir ähnliche Straßen, doch die Autofahrer fahren anders. Wir wollen unsere Blogleser nicht damit nerven, aber es ist unser Hauptproblem. Und nicht nur unseres. Die meisten Radfahrer, die wir treffen, erfahren das als genauso gefährlich.

Leider können wir nicht auf die Old Ghost Road abbiegen. Das ist ein Singletrail für Mountainbikes, der 85 km durch die Berge führt. Nichts für unsere Räder. Und die falsche Richtung. Wir bleiben auf der Straße. Die Swing Bridge legt auf unserem Weg. Um auf diese 110 m lange Hängebrücke zu kommen, wird Eintritt verlangt. Warum nur? Alle anderen Hängebrücken, im Verlauf von Wanderwegen, sind frei zugänglich. In der Nähe ist ein Hinweisschild auf die Faultline des Erdbebens von 1929. Damals gab es an dieser Stelle eine Verschiebung der Erdplatten von 4,5 m Höhe.

Mittlerweile ist es sehr warm. Trotzdem fahren wir mit unseren neongelben Windjacken. Um besser gesehen zu werden. Wir schwitzen. In unserem Zielort Murchison gönnen wir uns zwei Abkühlungen. Ein Eis mit frischen Blaubeeren und ein Bad im eiskalten Buller River.

 

Radtag 33 (Tag 52)
Im Tal des Buller River…
… kämpfen wir uns heute gegen Windstärke 6.
Das tolle Tal…
… entschädigt für die Anstrengung.
Der Tree Rex, vom Wind gezeichnet!
Der spektakuläre Hawks Grag…
… der zu Goldgräberzeiten in den Fels gehauene Weg ist heute immer noch nur einspurig zu befahren.
Auf 100 km ist dies unsere einzige Übernachtungsmöglichkeit.
Berlins Café nimmt sich mit einer Sandfly-Skulptur selbst auf den Arm…
… mit Sprüchen gleichermaßen. Wir bleiben heute verschont!
Das Kiesbett des Buller River…
… lädt zum Steine-Weitwurf ein…
… und man entdeckt witzige Steinbilder. Ja ok, 2 Steine haben wir ergänzt.
Radtag 34 (Tag 53)
Der Nebel über dem Fluss…
… hält die Kälte bei knapp 7 Grad. Brrrr!!
So einladend sind öffentliche Toiletten in NZL. Mit geschnitztem Herzchen.
Einblicke auf den Buller River durch das Tragwerk…
… der Iron Bridge.
Hier hat sich beim Beben von 1929 die Erde um 4,5 m Höhe verworfen.
For a few Dollars more im Nichts: Swing Bridge und Jetboat düsen.
Und noch Blick auf den tollen Fluss
Erste Abkühlung, ein sehr beliebtes Eis in Murchison.
Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Die Dorfjugend beim Bowling
Zweite Abkühlung…
… ein Bad im eiskalten River.
Es glitzert überall: unser Goldfund.