16. März 2025
Der Wecker klingelt um 5 Uhr. Unsere Fähre nach Wellington fährt schon sehr früh. Das ist gut so. Dann kommen wir vielleicht mit nicht zu großen Wellen durch die Cook Strait. Für den Nachmittag ist viel Wind gemeldet. Einige Fähren wurden in den Tagen zuvor schon gecancelt. In den Sounds merken wir noch kein Schaukeln des Schiffes. Im offenen Meer sind dann schon Wellen. Am stärksten weht der Wind in Wellington. Es ist dafür bekannt. Wir fahren mit den Rädern am Hafen und der Waterfront entlang, um unseren Mietwagen abzuholen. Die nächsten 200 km sind wenig interessant und verkehrsreich. Wir sparen mit dem Auto drei Tage ein. Tage, die wir spannender verbringen können, als auf Hauptverkehrsstraßen in langweiliger Gegend Rad zu fahren.
Mit dem Geländewagen kommen wir auch sicher zu Waschi und Jasmin. Sie haben auf einem Hügel im Süden von Wellington ein Haus gemietet. Saarländer in Neuseeland. Wir müssen sie auf jeden Fall besuchen. Freiwasserschwimmer Andreas Waschburger wartet darauf, dass das Wetter stimmt, um durch die Cook Strait zu schwimmen. Der an der engsten Stelle 24 km breite Kanal gehört zu den Oceans 7. Als Pendant zu den Seven Summits für Bergsteiger geht es darum sieben bedeutende Kanäle zu durchschwimmen. Waschi hat schon den Ärmelkanal und den Molokai Channel auf Hawaii gefinisht. Beide in Weltrekordzeit. Und nun die Cook Strait. Er braucht einen Tag mit wenig Wind und ruhiger See. Doch das ist eher selten hier. Und das Wasser ist aktuell mit 14 Grad sehr kalt. Vom gemieteten Haus aus hat man einen grandiosen Blick auf das Meer. Heute sind Wind und Wellen extrem. Beim Abschied wünschen wir viel Erfolg. Wir drücken auf jeden Fall die Daumen.
Über die einzige neuseeländische Autobahn fahren wir weiter nach Whanganui. Der Radweg, den wir hätten fahren müssen, wird doch tatsächlich teilweise über den Seitenstreifen der Autobahn geführt. Unsere Entscheidung war goldrichtig.
Whanganui River Road
17. März 2025
Klaus bringt den Leihwagen weg und kommt mit dem Rad zurück. Heute fahren wir wieder Rad. Die Whanganui River Road, immer am Fluss Whanganui entlang. Er ist der drittlängste Fluss Neuseelands. Nach einer Māori Legende ist er entstanden, als die beiden Vulkane Tongariro und Taranaki in Streit gerieten. Der gekränkte Taranaki hat sich am heutigen Platz in der Nähe der Westküste niedergelassen. Auf seiner Reise hat er eine tiefe Furche ins Land gezogen. Sie füllte sich mit seinen Tränen und wurde zum Whanganui.
Heute ist der Fluss ein Zentrum für Flusskajakfahrer. Von unserer River Road blicken wir den ganzen Tag in die Schlucht des Whanganui. Es ist anstrengend. Viele viele Höhenmeter. Entweder fahren wir bergauf oder gegen den Wind bergab. Wir kommen nur langsam vorwärts. Auf den 70 km sehen wir fast keine Autos. Ein Firmenwagen mit zwei Leitern auf dem Dach überholt uns mehrmals. Wie kann das sein? Wo biegt der zwischenzeitlich ab? Es gibt keine Seitenstraßen. Nur ein paar Siedlungen mit interessanten Ortsnamen: Atene, Korint, London, Jerusalem. Darunter stehen die Māori-Bezeichnungen. Wir sind in Māori-Land. In einem mit typischen Holzschnitzfiguren geschmückten Café machen wir halt. Leider hat es montags geschlossen. Gerne hätten wir bei den Māori einen Kaffee getrunken. Der Firmenwagen mit den Leitern kommt uns nun entgegen. Und dann verstehen wir. Es war nicht immer der derselbe, der uns überholt hat. Es sind sechs haargenau gleich aussehende Wagen, die uns nun entgegen kommen. Die Arbeiter bauen in einem Māoridorf einen Mobilfunkmast auf.
Wir sind begeistert von der Straße und der Landschaft. Die Flussufer und die steilen Hänge der Schlucht sind naturbelassen. Besonders im Bereich des Whanganui Nationalparks gibt es nativen Regenwald mit Rimu-Bäumen, Baumfarnen und Nikau-Palmen. Im bewirtschafteten Bereich gibt es riesige Pappeln, Platanen und Kiefern. Das Laub wird schon gelb. Der Herbst hält langsam Einzug in Neuseeland. Doch heute ist es eher sommerlich warm. Unser Campingplatz liegt am Ende der River Road. Nur eine Sackgasse geht noch ein kleines Stück weiter. Jedoch nicht bis zu der Bridge to Nowhere, der Brücke ins Nirgendwo. Sie wurde nach dem ersten Weltkrieg als Straßenbrücke angelegt. Man wollte Kriegsrückkehrer als Farmer ansiedeln. Es wollte nur keiner dort hin. Heute hat die Brücke keine Verbindung mehr zu einer Straße. Touristen können sie besichtigen. Dazu müssen sie entweder drei Stunden laufen oder mit dem Kanu fahren.
Das Nirgendwo lassen wir aus. Wir sind froh, dass es kurz vor dem Nirgendwo einen schönen Campingplatz gibt. Der Besitzer, ein Māori, begrüßt uns als seine Freunde. Und wir sind überwältigt von diesem schönen Ort der totalen Stille. Es gibt keinen Laut, nur der Neuseeland-Kuckuckskauz Ruru ruft in die Nacht hinein. Oder es ist vielleicht ein Kiwi???
Heavy rain and storm
18. März 2025
Dass es auf Neuseeland viel regnet, hatten wir erwartet. Besonders auf der Südinsel. Doch bisher hatten wir Glück. Die Regensachen hatten wir seltener an, als auf anderen Touren. Heute aber ist ein Regentag. Es fängt mit Nieselregen an. Passend zum Regenwald um uns herum. Nebel legt sich über den Wald. Wir fahren los. Bergauf, steil und es ist schwülwarm. Der Niesel lässt nach. Regensachen ausziehen. Wir schwitzen. Über viele Kurven geht es immer weiter bergauf. Wir hören rauschende Bäche tief unter uns in Schluchten mit dichtem Urwald. Trotz Anstrengung ist die Straße wunderschön. Kaum ein Auto fährt hier.
Wir kommen zu einem Pass. Hier ändert sich alles. Die Landschaft und das Wetter. Es gibt keinen Regenwald mehr. Sabine nennt es das Hobbitland: Kleine steile Hügel mit gelbem Gras und weidenden Schafen. Schafen mit tiefschwarzen Köpfen, was Klaus grübeln lässt: „Darth Vader bei den Hobbits?“. Wie kann eine Gegend so kleinhügelig sein. Starker Wind weht uns fast um. Und dann fängt es richtig an zu regnen. Wir ziehen schnell die Regensachen an. Es wird richtig ungemütlich. Nach 30 km müssen wir heute wieder auf einen Highway. Kurz davor ist der erste größere Ort seit über 100 km.
Die Hauptstraße sieht aus wie eine ehemalige Kulisse für einen Western. Wie in Texas, alles Holzfassaden mit Giebeln und einer durchgehenden Arkade. Es gießt mittlerweile in Strömen. Wir stehen unter dem Dach der Arkaden. An vielen Stellen ist es undicht. Wir sehen ein Café und beschließen dort zu warten. Vor dem Café. Drinnen würden wir eine Pfütze hinterlassen. Einen so heftigen und stürmischen Regen haben wir selten erlebt. Der Wetterbericht meldet für diese Zeit 6 mm/h. Alles ist überschwemmt. Die Räder, eben noch im Trockenen, stehen in tiefem Wasser. Es wird kalt. Unsere Hände sind eiskalt. Am Morgen hatten wir noch geschwitzt, jetzt ziehen wir unsere dicken Handschuhe an. Mittlerweile ist einiges los vor dem Café. Die Leute kommen nicht mehr an ihre Autos. Nur die Arbeiter mit ihren Gummistiefeln sind im Vorteil.
Wir fahren los. Laut Wetterbericht sollte der Höhepunkt vorbei sein. Doch nun haben wir wieder das Highway-Problem. Wir wollen es nicht weiter kommentieren. Einige sehr unschöne Überholmanöver gab es auch hier. Sabine hat die Nase voll von Hauptstraßen. Dabei ist die Landschaft sehr schön. Wir fahren jetzt hoch zu den Vulkanen. Es gibt drei große Vulkane hier. Der höchste ist der Mount Ruapehu mit 2797m Höhe. Er ist noch aktiv. Die anderen beiden sind Ngauruhoe mit 2287m und Tangariro mit 1967m. Letzteren wollen wir auf einem Track überschreiten. Leider sehen wir die Vulkane heute nicht. Sie sind in Wolken. Der Regen hat aufgehört und die Sonne scheint ab und zu. Es geht hinunter in ein Tal mit einem Eisenbahn-Viaduct aus Stahl von 1907.
Dann immer weiter hinauf bis zum National Park Village, dem Zentrum des Tongariro National Parks. Im Dezember 2024 haben die Māori erreicht, dass der Touristenort seinen ursprünglichen Namen wieder erhalten hat: Waimarino. Das bedeutet ruhiges Wasser, das sich in Ebenen sammelt, wenn es den Berg herabströmt. Heute strömt einiges herab. Es regnet wieder, doch wir sind an unserem Ziel. In einer Skilodge mitten in den Bergen auf 800m Höhe. Hier ist im Winter Skisaison. Auf dem aktiven Vulkan ist ein großes Skigebiet. Doch auch heute, mitten im Sommer, fällt in höheren Lagen Schnee.
Regenpause
19. März 2025
Es regnet ohne Unterbrechung. Wir haben keine Lust weiter zu fahren. Wir buchen um. Den für heute geplanten Campingplatz verschieben wir um einen Tag und hier in der Lodge mieten wir uns noch eine weitere Nacht ein. Im großen Kaminzimmer sitzen wir gemütlich auf Sofas. Und planen die weiteren Tage. Gut, dass wir heute so viel Zeit dazu haben. Es ist kompliziert. Zuerst buchen wir ein Shuttle für unsere Wanderung am Freitag, Tongariro Alpine Crossing. Ohne Shuttlebus ist es nicht machbar.
Dann schauen wir, wie wir den Highway bis Taupo vermeiden können. Unser Host beschreibt ihn als sehr gefährlich. Dazu haben wir gar keine Lust. Er empfiehlt uns die Straße westlich des Sees. Doch die Strecke ist an einem Tag nicht zu schaffen. Und Übernachtungsmöglichkeiten gibt es nicht. Was tun? Klaus schreibt Taxiunternehmen an. My Waka your Waka schickt uns eine positive Nachricht. Steve fährt uns am Samstag nach Taupo.
Wir schauen nach den Points of Interest: Der Lake Taupo selbst als größter Süßwassersee Neuseelands, Geothermie mit Geysiren und heißen Quellen, Wasserfälle und Regenwald. Die Region hat viel zu bieten. Wir können uns mit den Rädern nur einen Bruchteil ansehen. Also müssen wir planen. Unsere Planungsarbeit unterbrechen wir gerne für eine Stunde. Wir werden dazu eingeladen, im Spa den Whirlpool zu benutzen. Bei Regen und einstelligen Temperaturen gibt es heute nichts Besseres.































