13. September 2022
Dänemark verabschiedet sich auf unseren letzten 15 km mit einem Nationalpark von uns. Und dort gibt es eine Überraschung. Der ganze Nationalpark ist umzäunt und bietet riesige Flächen als Weideflächen für die Letzten ihrer Art. Das Buch mit diesem Titel von Maja Lunde hat Sabine vor kurzem gelesen. Es handelt von Przewalski-Pferden, mongolischen Wildpferden, die einen anderen genetischen Ursprung haben als Hauspferderassen. Sie galten lange Zeit in freier Wildbahn als ausgestorben. Mittlerweile wurden einzelne Herden wieder in ihrer alten Heimat der Mongolei, aber auch in anderen Steppengebieten ausgewildert. Diese Pferde hier zu sehen ist eigentlich ein Kindheitstraum von Sabine, die früher mit dem Rad nur zum Reiten fuhr.
Auch die Fähre ist eine Überraschung für uns. Aber moderner Art. Wir fahren CO2-schonend und nachhaltig mit einer Hybridfähre der Scandiclines, die u.a. ihre Energie nicht aus schädlichem Schweröl bezieht, sondern zusätzlich Windenergie durch ein Rotorsegel erzeugt. Dies ist ein ca. 30 m hohes Rohr, das sich im Wind dreht. Dies passt doch gut zu unserem klimaneutralen Reisen mit dem Rad.
In Rostock genehmigen wir uns noch auf die Schnelle ein Fischbrötchen im alten Hafen. Bezahlen müssen wir bar. Natürlich. In ganz Skandinavien haben wir kein Bargeld in die Hand genommen. Sogar Gebühren für öffentliche Toiletten bezahlt man mit Karte. Wo dort „no cash“ stand, steht hier „nur Barzahlung“. Sogar im Restaurant oder auf dem Campingplatz. Willkommen in Deutschland.
Wir begegnen nach fast 3800 km Zurückhaltung der Skandinavier der deutschen Besserwisserei (auch hier der Hinweis einer nicht beabsichtigten Verallgemeinerung). Ein Passant ruft uns zu, wo wir lang fahren sollen, obwohl wir nicht gefragt haben und schon gar nicht nach Warnemünde wollen. Willkommen in Deutschland.
Dann müssen wir uns sputen. Noch 75 km bis zum Campingplatz im Müritz-Nationalpark. Wir lassen den Berlin-Kopenhagen-Radweg mit seinen riesigen Schleifen öfters links liegen und versuchen abzukürzen. Das gelingt uns nicht immer optimal. Es liegt u.a. an der Radwegeführung. Schön, wenn EU-Fördermittel in den ländlichen Raum investiert werden, wie auf Schildern zu lesen ist. Doch die Radwege müssen dann auch zu Ende gebaut werden. Aber nein, sie hören abrupt auf, führen über Sand, Kopfsteinpflaster auf die Landstraße oder auch steile Abhänge hinab, aus denen wir dann neben einer Treppe die Räder wieder nach oben schieben müssen. Willkommen in Deutschland.
Schweden hat scheinbar andere Radwegeplaner. Doch zum Abschluss gibt es dann doch noch eine positive Überraschung. Eine Fahrradstraße führt mitten durch den Müritz-Nationalpark bis zu dem Camping in Krakow am See. Es dämmert schon und wir müssen vorsichtig fahren. Dauernd stehen Rehe am Straßenrand oder huschen über die Straße. Im Dunkeln bauen wir das Zelt auf. Der Supermarkt hat geschlossen, doch Klaus fährt nochmal los uns organisiert an einem Kebab-Stand doch noch was zum Abendessen. Willkommen in Deutschland.
14. September 2022 – Abkürzen macht keinen Sinn
Es gibt gute und schlechte Radwege im Müritz-Nationalpark. Folgt man den Hauptstrecken, die auf großen Infotafeln angezeigt werden, hat man eine größere Chance auf asphaltierte Fahrradstraßen durch Wälder und an Seen vorbei. Besitzt man wie wir aber nur eine normale Straßenkarte und die Strecken im GPS, kann man die Qualität nicht ablesen. Wenn man dann abkürzen will und nicht dem offiziellen Fernradweg folgt, muss man manchmal auch leiden. Wir lassen uns verleiten und nehmen einen Bahnradweg als Abkürzung. Ein Schild mit einem Rennrad und ein neuer feiner Gravel-Belag deuten auf einen gut befahrbaren Weg hin. Doch das ist nur auf den ersten 500m so. Es geht etwas schlechter weiter, wir kehren nicht um. Dann wird der Weg von Kilometer zu Kilometer schlechter. Steine, Sand, riesige Löcher. Wir fahren Slalom. Hände, Arme, Nacken… alles schmerzt. Das Rad klappert. So geht es kilometerlang durch den Wald. Zurück ist keine Option. Nur durchhalten. Wir verpassen die Havelquelle und einen schönen Radweg, der dort lang führt. Zu spät. Das haben wir von unserer Abkürzung.
Zum Campingplatz geht es dann wieder angenehm über offizielle Radwege. Allenfalls die Ortsdurchfahrten mit altem großen Kopfsteinpflaster aus der DDR-Zeit rütteln uns jedesmal ordentlich durch. Alle Strapazen sind abends schnell vergessen. Wir verbringen einen gemütlichen Abend am Lagerfeuer mit sehr netten Paaren aus Dresden und Ratzeburg.
15. September 2022 – Wer stammt doch gleich aus der Uckermark?
Die Mecklenburgische Seenplatte ist ein bekanntes Urlaubsziel, doch woher kennen wir nochmal die Uckermark? Ja genau, unsere ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel stammt von hier. Die Uckermark ist heute unser Ziel. Die Strecke dahin ist sehr abwechslungsreich, nicht nur vom Straßenbelag. Die Wälder und Seen sind wunderschön. Öfters erinnern sie uns an die Landschaften in Schweden. Die Nationalparks sind touristisch gut erschlossen. Es gibt viele Infos, Übernachtungsmöglichkeiten, Wanderwege, Radwege, Rastplätze für Kanuten… eine kleine aber feine Nationalpark-Infrastruktur. Nur der von uns ausgewählte Campingplatz passt nicht ins Bild. Er ist vergammelt, voller Mücken und ohne Sicht auf den See.
Wir fahren weiter. Himmelpfort, eine Filiale des Weihnachtsmanns, haben wir uns als neues Ziel gewählt. Im krassen Gegensatz dazu steht das Mädchen und Frauen-KZ Ravensbrück, an dem wir zufällig vorbei fahren. Eine riesige Fläche mit Markierungen der Baracken und einigen noch vorhandenen deutet auf das Grauen im Nationalsozialismus hin. In Himmelpfort ist die Welt wieder in Ordnung. Für den Weihnachtsmann, wer immer das ist, gibt es einen Briefkasten für Geschenkwünsche. Der Ort ist sehr nett, es gibt Cafés, kleine Restaurants und einen idyllisch am See gelegenen Campingplatz. Wir mieten ein Mini-Hotel, ein Fass mit Betten, kleinem Tisch und Stühlen. Einfach und nett. Gleich daneben ist eine Pizzeria. Der Abend ist gerettet. Heute ist unser Hochzeitstag. Da wollen wir uns ein ganz kleines bisschen Luxus leisten.






















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