12. April 2023
Wir fahren früh los. Es sind nur sechs Kilometer bis zur Fähre. Gegen Mittag soll sie ablegen. Gut, dass wir Zeit genug haben. Am Fährhafen heißt es zuerst einmal Schlange stehen zum Einchecken. Klaus steht an und Sabine passt auf die Räder auf. Sie hat auf jeden Fall den besseren Job. Sie lernt einige interessante Leute kennen: Drei deutsche Motorradfahrer mit riesigen Geländemaschinen und voll bepackt. Sie wollen nach Osten bis nach Indien. 20 000 Kilometer durch spannende Länder und sicher spektakuläre Gegenden. Eine Münchnerin mit Vespa, die zwei Tage über die Alpen bis Venedig gefahren ist und nun zu ihrer Kiteschule auf Korfu will, um die Saison einzuleiten. Und ein alter Mann aus der Schweiz mit Klapprad, der vom Heimaturlaub zurück zu seinem Haus und seinen Hunden auf der Peloponnes fährt. Nicht zuletzt eine italienische Polizistin, die sich brennend für unsere Radtour interessiert. Es ist sehr kurzweilig vor der Anmeldung zu warten.
Endlich kommt Klaus mit den Tickets. Wir müssen zum Schiff laufen und die Räder schieben. Wir zählen jetzt zu den Fußgängern. Die Polizistin warnt uns schon vor, dass wir gescannt werden. Warum, kann sie uns nicht sagen. Man dürfe man keinesfalls Käse, Wurst und Milchprodukte mitnehmen. Nach 500m Fußmarsch werden wir in ein Gebäude geleitet. Die Autos und Motorräder fahren mit kleiner Ticketkontrolle bis zur Fähre durch. Wir werden komplett gescannt: alle Radtaschen ab, sogar die kleine Reparaturtasche unter dem Sattel, Gürtel aus, Uhr und Jacken aus, alles wandert durch den Scanner. Wir durch den Körperscanner. Warum das nur bei Radfahrern und Fußgängern so sein muss, können uns auch die resoluten Polizistinnen nicht sagen. Das ist halt so. Sind Radfahrer besonders gefährlich? Gefährlicher als Auto- und Motorradfahrer? Nachdem wir alles wieder montiert haben, dürfen auch wir aufs Schiff. Kurz vor Abfahrt. Gut, dass wir so zeitig da waren. Trotzdem waren wir erfolgreich, wir konnten Sabines beide Käsebrote durch die Kontrolle schmuggeln. Eine ganze Radgruppe würde die Abfahrt der Fähre ganz schön verzögern. Wir beziehen unsere Kabine und treffen Sabines Bekanntschaften auf Deck wieder. Auch sie verstehen den Sinn und Zweck unserer Sicherheitskontrolle nicht. Aber sie finden es amüsant. So haben wir ein lustiges Gesprächsthema. Die Zeit auf Deck einer Fähre kann ganz schön lange werden. Unser 30 stündiger Seetag beginnt.
13. April 2023 – Ein Tag auf See
Wir haben eine Kabine mit Meerblick, aus einem verdreckten Fenster. Eine nicht so gemütliche Kabine mit 2 Hochbetten. Auf dem Sonnendeck gibt es ein paar Tische und Stühle vor einer geschlossenen Bar. In der Lounge dürfen die Passagiere mit Deckpassage schlafen. Aber es gibt noch ein Café und zeitweise ein Selbstbedienungsrestaurant. Hier ist nichts All inclusive. Aber wir sind ja auch nicht auf einem Kreuzfahrtschiff sondern auf einer Fähre. Unsere Kabine ist Luxus genug. Gut, dass das Meer ganz ruhig ist. Bei Seegang wäre uns sicher nicht ganz wohl auf dem alten, verrosteten Schiff mit Baujahr 1991. Die Leinen der Rettungsbote wurden immerhin 2018 das letzte Mal überprüft. Der Fußboden im Innern ist so gewellt, als wäre schon mal Wasser eingedrungen. Es gibt sicher neuere Fähren auf der Strecke. Wir haben die älteste erwischt.
Ein Tag auf See. Wie können wir unsere Zeit verbringen? Zuerst einmal ausschlafen. Das Schiff schaukelt sanft über die Wellen. Gut zum Schlummern. Dann frühstücken. Kein Highlight, nur teuer. Bei Sonnenschein an Deck treffen wir ein Paar aus Wien und führen ein interessantes Gespräch. Wir haben ja Zeit. Duschen, lesen, Blog bearbeiten, Kaffee trinken, Stricken… Sabine strickt kleine Teile einer Patchworkdecke, die sie dann nach und nach per Post nach Hause schickt. Zeitvertreib auf der langen Fahrt. Wir tauschen Reiseerfahrungen mit den Motorradfahrern aus. Sie verlassen das Schiff in Igoumenitsa, wir fahren noch Stunden weiter bis Patras.
Ein langer Tag auf See, aber fast immer mit Blick zur Küste. Nach der Südspitze Italiens mit Brindisi folgen im Westen Korfu und im Osten Albanien. Die Berge Albaniens sind auf den Gipfeln noch verschneit. Wir sehen von weitem die Serpentinen zu unserem Pass, über den wir irgendwann müssen. Eine der Schlüsselstellen unserer Tour. Ab Igoumenitsa werden die Berge etwas flacher. Diesen Küstenabschnitt müssen wir in ein paar Wochen mit den Rädern meistern. Der Tag auf See vermittelt uns einen ersten Eindruck. Es wird spannend.











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