01. September 2022
Eigentlich wollten wir nach dem Frühstück noch kurz im Vänern See schwimmen. Eigentlich! Wir sitzen beim Frühstück und wärmen uns die Hände an den Kaffeetassen. Es ist kalt und windig. Doch am Steg scheint schon die Sonne. Sabine inspiziert den Steg und möchte die Wassertemperatur testen. Doch kurz vor ihr schlingert eine (hier) giftige schwarze Kreuzotter über die Planken und versteckt sich unter dem Steg. Das war’s dann wohl mit Schwimmtraining. Eigentlich nicht schlimm, es war eh zu kalt.
Wir verlassen den Kinnekulle und radeln durch Wälder und an alten Herrenhäusern mit riesigen Alleen und Pferdekoppeln vorbei. Dann gibt es nur noch plattes Land. Riesige gemähte Felder, gelb oder braun, alle paar Kilometer ein kleines Dorf. Bauernhöfe, maximal 20 Wohnhäuser, eine Kirche und ein Friedhof, sonst nichts: kein Supermarkt, kein Kindergarten, keine Schule…Wer möchte da wohnen?
Endlich tauchen in der Ferne die zwei Tafelberge Hunneberg und Halleberg auf, unser heutiges Ziel. Ungefähr 100 Kraniche versammeln sich in der Nähe der Berge auf den Feldern. Sie picken die Reste der abgeernteten Felder und sammeln so Energie für ihre Weiterreise in den Süden. Sie müssen sich sputen, denn die Bauern sind fleißig am pflügen. Dann gibt es nur noch Erde. Wir sind froh, dass die Kraniche auch noch nicht weiter sind als wir.
Es geht zum steilen Anstieg auf den Hunneberg. Er wird auch Elchberg genannt. Es gibt dort eine große Population an Elchen. So groß, dass dort schon zwei Jahrhunderte alle zwei Jahre die Elchjagd des schwedischen Königs stattfindet. Ob der jetzige König Carl Gustav auch noch daran teilnimmt? Vielleicht hat er dann mehr Glück als wir. Klaus schraubt seine GoPro Kamera auf den Helm, damit er Fotos schießen kann, wenn jetzt gleich die Elche Spalier stehen. Doch Fehlanzeige. Wahrscheinlich funktioniert der Elchfunk so gut und die Elche signalisieren: da kommen die zwei Verrückten vom Nordkap, versteckt euch schnell. Auch die Elchkuh, die Sarah vor zwei Wochen hier gesehen hat, ist längst in den Wald zurück. Aber eine Chance haben wir noch: morgen früh gehen wir um sechs Uhr auf Elchpirsch. Zuvor genießen wir einen schönen Abend mit Sauna im Hostel neben unserem Campingplatz.
02. September 2022 – Auf Elchpirsch
Um halb sechs klingelt der Wecker. Es ist eiskalt: zwei Grad zeigt das Thermometer am Hostel an. Mit Mützen und Handschuhen bekleidet, laufen wir los. Es ist noch niemand im Wald. Ein Marder huscht vor Klaus über den Weg. Wir gehen auf Elchpirsch. Heute muss es doch mal klappen. Elche sind vor allem in der Dämmerung aktiv, da muss sich doch mal einer zeigen. Wir gehen leise und schauen hinter jeden Baum, in jede Lichtung, auf jeden Pfad: nichts. Wir sehen wieder keinen Elch. Trotzdem ist unsere dreistündige Wanderung ein tolles Erlebnis. Wir sehen die Sonne über den Nebelschwaden des Bergsees aufgehen. Es herrscht eine fast magische Stimmung in dem Wald. Zurück auf dem Campingplatz, können wir in der Sonne frühstücken und uns für unsere Weiterfahrt von 70 km stärken. Die Stärkung brauchen wir heute auch. Denn jetzt kommt der unschöne Teil des Tages. Vorbei an einem Wasserfall in Trollhättan, der nur ein Rinnsal ist, weil das gesamte Wasser ins Kraftwerk abgezweigt wird, geht es 30 km hügelig weiter. Dann nutzen wir den ausgeschilderten Radweg in Richtung Göteborg. Er ist gut ausgebaut, hat aber einen Nachteil. Er verläuft auf unseren noch zu fahrenden 40 km immer entlang der Autobahn, d.h. dicht daneben. Es ist laut, wir atmen die Abgase der Autos ein und er ist öde. Entnervt finden wir einen Übernachtungsplatz. Zwischen Wohnmobilen bauen wir unser Zelt auf. Es ist jedoch nur eine kurze Strecke bis Göteborg.
03. September 2022 – Nach 3.000 km in Göteborg
Ungewaschen fahren wir ca. 30 km bis zu unserem Hotel in Göteborg. Auf dem Übernachtungsplatz gab es nur eine Toilette. Wir hoffen, dass wir früh einchecken können, um genug Zeit für die Stadtbesichtigung zu haben. Leider können wir nur unser Gepäck im Gepäckraum deponieren. Wir ziehen uns dort schnell um und dann ist doch unser Zimmer fertig. Also doch noch duschen. Mit dem Wassertaxi fahren wir über den Götaälv, den riesigen Fluss, der aus dem Vänernsee kommt und hier in die Ostsee fließt.
Etwas planlos laufen wir durch die Stadt. Tausende, Zehntausende, sind unterwegs bei dem schönen Wetter und genießen das Wochenende. Auf einem riesigen Street-Food-Markt mit Musikkonzerten ist ein reges Gedränge. Wir sind das nicht gewohnt. Es ist uns auch unangenehm, uns so dicht in der Menschenmenge aufzuhalten. Wir kommen schließlich aus der Wildnis und haben fast drei Jahre wegen Covid Menschenansammlungen vermieden. Göteborg ist eine interessante Stadt zwischen alt und neu und, nach den vielen Großbaustellen zu schließen, im Aufbruch.
Am besten gefällt uns das Haga-Viertel mit seinen alten Häusern, Läden, Cafés und Restaurants. Zum Fika , das heißt so viel wie Nachmittagskaffee, gibt es dort im Café Husaren Hagabullen, also Kanelbullen, mit ca. 30 cm Durchmesser. Für zwei Leute zu groß. Der Stadtbummel hat uns am Ende müder gemacht, als den ganzen Tag Rad zu fahren. Aber in einem richtigen Bett mit Bettdecken und frischen Handtüchern, statt Schlafsack und müffelnden Outdoor-Handtüchern, können wir uns bis zur Weiterfahrt morgen an der westschwedischen Ostseeküste sicher gut erholen.























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