09. September 2022
Wieder einmal fahren wir einen Radweg in umgekehrter Richtung. Ca. 800 km Berlin-Kopenhagen andersrum. Doch zuerst müssen wir von Königin Margrethes Schloss aus nach Kopenhagen kommen. Wir versuchen es über eine Landstraße, doch die ist uns zu stark befahren. Wir wechseln auf Nebenstraßen und Radwege. Normalerweise gilt Dänemark als Radfahrerland, doch die Radwege, die uns hier geboten werden, sind allenfalls schlechte Waldwege. Im Süden Schwedens waren wir schon ganz verwöhnt von einer perfekten Radinfrastruktur. Wieder einmal heißt es Geduld haben. Regen und Wind frontal machen uns außerdem zu schaffen. Endlich sind wir auf dem Radweg am Meer, doch als dieser neben eine Bahnstrecke wechselt, geht es öfter mit 15% bergauf und bergab. Aber wir sind hier richtig. Das erste Mal seit dem Nordkap ist unser Radweg, der Eurovelo 7, ausgeschildert.
Wir müssen durch ganz Kopenhagen. Unser gebuchtes Hotel liegt im Süden. Aber vorher statten wir noch Den Lille Havfrue, der kleinen Meerjungfrau, einen Besuch ab. Das gehört natürlich dazu, obwohl wir sie schon vor 8 Jahren begrüßt hatten und wissen, dass sie eigentlich winzig ist. Aber sie ist das Wahrzeichen Kopenhagens. In Kopenhagen fährt fast jeder Rad. Es gibt tausende Kilometer Radwege. Radfahrer haben immer Vorrang. Autofahrer und Fußgänger müssen sich unterordnen. Das fanden wir vor 8 Jahren ganz toll. Doch heute sind wir froh, wenn wir im Hotel sind. Wir sind dieses großstädtische Fahren nicht gewohnt. Wir sind mit unseren Packtaschen sehr breit und außerdem langsam.
Dauernd werden wir überholt ohne dass wir vorher gewarnt werden. Klingeln ist scheinbar out. Es wird schon irgendwie gut gehen. Eine Frau mit Lastenrad streift Klaus beim Überholen und fährt an Sabine im Millimeterabstand vorbei. Wir geben uns Mühe, die strengen Regeln einzuhalten: Ja nicht auf der falschen Seite fahren, Arm hoch, wenn man anhalten will… Doch die ganzen Touristen auf den Leihrädern kennen die Regeln nicht. Die Kopenhagener*innen rasen vorbei. Vor dem Hotel halten wir ordnungsgemäß links mit Handzeichen an. Ein Rennradfahrer rast an uns vorbei und will an der Kreuzung bei grün geradeaus. Ein Rechtsabbieger nimmt ihm die Vorfahrt und schleudert ihn über seine Motorhaube auf die Straße. Wir sind bedient. Scheinbar ist dem Mann glücklicherweise nicht viel passiert. Ein anderer Radfahrer hilft im von der Straße.
Wir fahren mit Bus und S-Bahn in die Stadt. Der Regen hat aufgehört und wir genießen unseren Stadtbummel.
10. September 2022 – Strecke machen
Der Radweg Berlin-Kopenhagen ist super ausgeschildert und führt über sehr schöne Strecken. Radwege am Meer oder an Landstraßen, Nebenstraßen ohne viel Verkehr, über Felder, durch kleine Ortschaften, Städte mit Cafés und Märkten… er ist abwechslungsreich und gut zu befahren. Wir können mal Strecke machen. 116 km werden es am Ende. Wir wollten eigentlich an einem Shelter übernachten.
Am letzten Supermarkt vor unserem Übernachtungsplatz treffen wir zwei Studenten aus Göttingen. Sie sind vor 30 Tagen am Nordkap gestartet und wollen wie wir bis nach Malta. Sie sind schneller unterwegs, sind jedoch skeptisch, ob sie es schaffen werden. Wir haben nicht gefragt, wie lange sie Zeit haben. Bis Semesterbeginn wird es eng. Wir müssen noch 10 km weiter und es wird dunkel. Wir lassen den Shelter sein und übernachten in einem riesigen Ferienpark in Feddet. Am Wochenende wird dort laut gefeiert. Am Shelter wäre es ruhiger gewesen.
11. September 2022 – Die Kreidefelsen von Møn
Auch Dänemark hat Kreidefelsen, Møns Klint, wie auf Rügen. Und riesige Buchenwälder. Dort wollen wir heute hin. Wir finden eine angenehme Strecke bis zu den Felsen. Wir binden unsere Räder samt Gepäck vor dem Besucherzentrum an und marschieren los. Zuerst an die Aussichtspunkte auf den Klippen und dann runter an den Strand über die längste Treppe Dänemarks. Wir sind spät dran und haben am Ende die Klippen für uns alleine. Der Kontrast zwischen weißem Fels, grünem Wald und blauem Meer ist beeindruckend. Caspar David Friedrich hätte auch hier sein berühmtes Werk malen können. Die Kreidefelsen sind bis zu 100 m hoch. Es gehört zu dem UNESCO- Naturerbe.
500 m vom Besucherzentrum entfernt gelangt man über einen Waldweg zu einem oder besser vier Sheltern. Dort wollen wir schlafen. Wir legen unsere Isomatten und Schlafsäcke in den nach vorne offenen Shelter. Igor, ein Italiener aus Berlin mit Gravelbike, bezieht den Shelter gegenüber. Wir essen zu Abend. Es herrscht absolute Ruhe in dem Wald mit riesigen Buchen. Nur ein Waldkauz fliegt umher und ruft. Wenn man genau hinhört, kann man ganz schwach die Wellen im Meer hören. Wir sind im berühmtesten Naturpark Dänemarks. Und genießen die Stille.
12. September 2022 – Waldbaden statt duschen
Die Nacht im Wald auf den riesigen Felsen war etwas ganz besonderes. Es gibt kaum Orte, an denen man über eine Viertelstunde nichts, rein gar nichts hört. Kein Auto, kein Flugzeug, keine Stimmen… Unser Waldcamp ist so ein Ort. Wir sind in der Nacht ein paar Mal wach geworden und haben gelauscht. Nach der Dämmerung sind auch alle Vögel verstummt. Und der Waldkauz hat sein Nachtquartier gefunden. Wir fühlen uns behütet und sicher, obwohl wir nur ein Dach über uns haben und sonst im Freien schlafen. Der Vollmond beleuchtet unsere kleine Lichtung und die Bäume werfen lange Schatten. Es ist eine besondere Nacht an einem magischen Ort.
Da verzichten wir gerne mal auf Annehmlichkeiten wie eine warme Dusche. Waldbaden liegt im Trend, hier können wir verstehen was das bedeutet. Und Waldbaden ist uns heute wichtiger als duschen. Tiefenentspannt fahren wir weiter auf der Insel Møn. Es ist eine tolle Strecke bis zur Fähre nach Falster. Dann wird es langweiliger. Ein Teilstück durch einen Wald an einem langen Stand vorbei bietet minimale Abwechslung. Wir machen mal wieder Strecke, denn morgen wollen wir mit der Fähre nach Rostock und unsere Reise in Deutschland fortsetzen.






























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