13. Oktober 2022
Wir verlassen die Berge, es geht bis Bozen nur bergab. Falsch gedacht. Im Pustertal geht es immer wieder steil bergauf über Hügel und sogar über Pässe zwischen den Ortschaften. Durch einige Berge fahren wir durch Tunnels. Endlich eine längere Abfahrt. Und unten staunen wir. Es ist richtig warm, es gibt Weinberge und Palmen. Wir sind im Süden angekommen und wechseln schnell die Radhosen. Windwesten und Handschuhe, heute morgen noch notwendig, kommen in die Radtaschen. Das Pustertal ist zu Ende. Nun geht es weiter im Eisacktal.
Der Radweg im Eisacktal ist spektakulär. Und wir sind froh, dass es ihn gibt. Unter und neben uns fließt tosend die blaue Eisack. Neben und oft über uns sind nur Verkehrswege: Die Autobahn, eine Landstraße, die Bahnlinie. Meist auf Brücken oder durch Tunnels. Italiens Straßenbauer müssen sich in vielen Tälern mächtig was einfallen lassen. Wir sind froh, dass sie hier auch an die Radfahrer gedacht haben. Unbeschadet vom Straßenverkehr durch dieses enge wilde Tal einfach bergab zu düsen ist ein besonderes Privileg. Wir freuen uns noch mehr, als wir einen ewig langen Stau auf der Autobahn überholen dürfen. Richtung Bozen wird das Tal breiter, die ersten riesigen Apfelplantagen tauchen auf. Der Radfahrerverkehr nimmt zu. Bozen begrüßt uns als Radfahrerstadt. Wir staunen über das gut ausgebaute Netz an Radwegen. Doch uns scheint, je besser das Radwegenetz, desto mehr rasende Radfahrer gibt es. Wir sind in der Rush Hour. Das hatten wir doch schon mal in Kopenhagen. Doch während dort strenge Regeln galten, regiert hier das Chaos. Oder die italienische Mentalität. Es achtet keiner auf irgendwelche Vorfahrtsregeln, es wird einfach gefahren, egal, ob jemand behindert wird. Kurzes Schreien statt Hupen und es wird weiter gerast. Wir mittendrin mit unseren schweren Rädern. Unser Apartment liegt mitten im Zentrum. Wir kommen nur knapp ohne Unfall an. Die schweren Räder schleppen wir zwei Etagen hoch. Nach 100 km und der Schlepperei reicht es. Bozen sehen wir nur während eines kurzen Stadtbummels bei Nacht.
14. Oktober 2022 – Durch das Etschtal an den Gardasee
Kurz nach Bozen fließt die Eisack in den Etsch. Also fahren wir jetzt auf dem Etschtalradweg weiter. Er ist Teil der Via Claudia Augusta, die 700km von Donauwörth bis Venedig bzw. in die Poebene führt. Sie orientiert sich an der gleichnamigen Römerstraße, einem uralten Kultur- und Handelsweg. Doch die Römer müssen in unserem Streckenabschnitt mentale Stärke gehabt haben. Er ist weitgehend flach und geht meist geradeaus. Gegenwind bremst uns. Die Etsch ist ein schöner schnell fließender Fluss mit hohen Uferbäumen. Doch meist nehmen wir den Fluss gar nicht wahr.
Das Tal ist sehr breit, ganz anders als gestern das Eisacktal. Und Apfelplantagen so weit das Auge reicht. Jetzt wissen wir, wo die ganzen Äpfel herkommen, die in allen Supermärkten, die wir vom Nordkap bis Südtirol besucht haben, verkauft werden. Und dabei haben wir unterwegs so viele Apfelbäume am Wegesrand gesehen, deren Äpfel einfach verrotten. Nur, weil sie nicht so schön sind wie diese hier. Uns haben sie geschmeckt. Insgesamt ist der Etschtalabschnitt eher langweilig. Es gibt auch nur eine Sorte Äpfel. Und er ist laut. Immer wieder fahren wir entlang der Autobahn. Eine Abwechselung gibt es nachdem wir Südtirol verlassen haben. Im Trentino begleiten uns nun Weinfelder. Der Wein muss hier waagerecht wachsen.
Endlich können wir nach Rovereto in Richtung Gardasee abzweigen. Doch dann kommt noch ein richtiger Pass. Und kurz vor Torbole eine wahnsinnig steile Abfahrt. Mit quietschenden Bremsen kommen wir an. Vom See sehen wir wenig. Es ist neblig. Es wimmelt von Touristen. So viele wie noch in keinem Ort unserer Tour. Mit der Vespa leitet uns unser Vermieter zu unserer kleinen Wohnung. 115 km sind geschafft.
























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