Endlich wieder Rad fahren

06. November 2022

Nach dem Regen folgt ein Sturm. Es rappelt und knattert die ganze Nacht lang an unserer Hütte. Bei diesem starken Wind weiter fahren? Und dann noch genau gegen den Wind? Wir wollen nicht noch einen Tag hier warten. So toll ist es auch nicht. Alle paar Minuten schauen wir in den Wetterbericht. Irgendwann fahren wir los. Es ist gar nicht so schlimm. Wir hatten schon stärkeren Wind beim Rad fahren. Und der Verkehr ist halbwegs annehmbar. Nach dem Palermo Airport nimmt er ab. Endlich können wir wieder fast normal Rad fahren, ohne Angst zu haben in die Leitplanken gedrängt zu werden. Auch der Straßenbelag ist so gut wie lange nicht mehr.

Nur eine Sache bleibt: der stinkende Müll am Straßenrand. Abends informieren wir uns im Internet. Wir wollen nicht damit nerven, obwohl es uns sehr beschäftigt. Deshalb schreiben wir unten in einem Exkurs über die Müllprobleme Italiens.

In einer riesigen Bucht mit endlos langem Sandstrand müssen wir dann doch noch gegen den Wind kämpfen. Die Wellen sind so hoch, dass die Gischt unsere Brillen fast undurchsichtig macht. Eigentlich wollten wir eine lange Strecke fahren und auf den letzten 40 km noch über 1000 hm über einen Pass an die Nordwestküste. Aber wegen des Sturms planen wir schon morgens um und buchen ein Hotel in Castellammare del Golfo. Mit Meerblick und auf einer 30 m hohen Mauer über dem Hafen gelegen. Ein sehr interessanter Ort am Beginn eines Nationalparks. Wir freuen uns über unseren fast normalen Radfahrtag und haben noch Zeit für eine Besichtigung des Fischerortes.

Exkurs: Warum liegt in Italien und Sizilien so viel Müll am Straßenrand?

Wenn wir die schöne Landschaft Siziliens genießen wollen, müssen wir unseren Blick immer über den Straßenrand richten. Nur nicht auf den Boden schauen, denn da liegt alles voller Müll. Nicht nur wahllos weggeworfene Sachen aus dem Auto, nein, ganze Säcke voll Müll, Plastik, Autoreifen, Essenreste, Möbel, Bauschutt… einfach alles was nicht mehr gebraucht wird und entsorgt werden muss. Es ist einfach ekelhaft. Doch warum ist das so?

Noch in keinem Land, durch das wir gereist sind, war es so schlimm. Wir finden im Internet Informationen und machen selbst unsere Beobachtungen. Es liegt sicher an einem mangelnden Umweltbewusstsein, doch die Menschen wissen auch oft nicht, wohin mit dem Müll. Wir beobachten: die Mülltonnen sind winzig klein, die wenigen Müllautos, die wir sehen sind ebenso klein. Die würden in Deutschland auch nur für zwei Straßen reichen und dann wären sie voll. Die Mülleimer wurden vielerorts abgeschafft, dann müssen sie nicht geleert werden. Das Reinigungspersonal ist nur mit einem Hexenbesen und einer Schaufel ausgestattet. Manchmal gibt es Mülltrennung, doch die ist so kompliziert, dass keiner durchblickt, was in welchen Eimer kommt. Bei Zuordnungsfehlern bleiben sie ungeleert stehen. Abfallcontainer wurden vielerorts abgeschafft, um die geplante Mülltrennung voran zu treiben. Diese wird oft gar nicht eingeführt. In den Städten türmt sich der Müll neben den noch vorhandenen Containern. Also was tun? Auf den Landstraßen schnell Fenster auf und den Sack raus werfen? Es wird scheinbar nicht geahndet. Es gibt keine Geldbußen. Die Verwaltungen sind machtlos. Es gibt auf Sizilien keine Müllverbrennungsanlage und die Müllhalden sind voll. Da schaut man dann lieber weg.

In Süditalien floriert dann auch noch das Geschäft mit dem Müll. Mafiaclans verticken Sondermüll aus ganz Europa, auch aus Deutschland. Er wird auf illegalen Halden gesammelt und irgendwann angezündet. Leidtragende sind die Anwohner, viele erkranken an Krebs. Und die Europäer, die in den Supermärkten Obst und Gemüse aus Kalabrien kaufen. Oder er wird mit Schiffen im Meer versenkt. Es ist einfach erschreckend. Wir sind froh, dass wir uns entschieden haben vor Kalabrien, der Müllhalde Europas, unseren EV 7 zu verlassen.

Interessante Beiträge hierzu findet ihr massenweise im Internet. Doch wenn ihr das Thema googelt, seid ihr nachher genauso schockiert wie wir.

07. November 2022 – An die Nordwestspitze Sardiniens

Von Castellammare geht es über mehrere Pässe zur Nordwestspitze Sardiniens. Wir wählen eine Hauptstraße. Die Steigung ist moderat und der Verkehr ist im Vergleich zum italienischen Festland ebenso moderat. Der Belag ist sogar rennradtauglich. Sabines pass uff e Loch kommt nur noch sporadisch. Wir fahren an riesigen Marmorbrüchen mit schneeweißem Gestein vorbei. Laster mit tonnenschweren Natursteinblöcken überholen uns. Die Landschaft ist grün. Überall sind Weinberge.

Dann geht es über den dritten Pass des Tages. Die Abfahrt ist atemberaubend. Steile Berge links und rechts und vor uns das tiefblaue Meer. Richtung San Vito Lo Capo wird es immer schöner. Wir biegen auf eine kleine Seitenstraße in Richtung Campingplatz ab. Eine solch schöne Landschaft haben wir auf unserer Tour schon ewig nicht mehr gesehen. Links neben uns das blaue Meer mit einem Ufer aus bizarren Felsen aus Vulkangestein und in der Ferne einige Inseln. Rechts neben uns eine mehrere Kilometer lange ockerfarbene Felswand. Und dazwischen eine üppig grüne Vegetation aus blühenden Oleandersträuchern, immergrünen Mittelmeerpflanzen, Palmen und riesigen Gräsern. Es duftet und blüht hier auch im November.

Wir bauen unser Zelt unter Olivenbäumen auf und fahren noch schnell zum Cap. In den Farben der Abendsonne sieht San Vito schon sehr afrikanisch aus. Wir sind wohl erst an der Nordwestspitze Sardiniens, doch insgesamt sehr weit im Süden.

08. November 2022 – Sommer im November

Wir bleiben noch einen Tag hier. Den haben wir uns verdient. Im Freien gemütlich frühstücken und die Sonne genießen ist normalerweise im November schon außergewöhnlich. Doch dann schwitzen wir in der Sonne beim Wandern an der Küste bei fast 30 Grad, so wie am ersten Tag unserer Tour auf der Fahrt von St. Ingbert in die Rheinebene im Hochsommer. San Vito Lo Capo ist ein Eldorado für Kletterer. Es gibt einen Kletterführer nur für diesen Ort mit seiner kilometerlangen Felswand. Ca. 250 Routen (!!) sind angelegt und beschrieben. Und im November ist hier Hochsaison für Kletterer aus ganz Europa. Bei diesen Temperaturen schwitzen auch sie im Spätherbst in ihren Wänden. Wir schauen gerne zu.

Am Campingplatz freuen wir uns über eine Abkühlung. Der 25 m lange Pool ist noch geöffnet. Endlich können wir mal schwimmen. Seit Schweden halten wir Ausschau nach Freibädern, doch sie sind alle schon geschlossen. Auch später in Deutschland. Der letzte Pool auf dem Campingplatz in den Dolomiten hat einen Tag vor unserer Ankunft das Wasser abgelassen. Das Schwimmen fehlt uns. Zuhause müssen wir, bevor wir wieder ins Training gehen, erst einmal das Seepferdchen machen. Doch jetzt gilt’s. Keiner ist im Wasser. Ein Becken ganz für uns allein. Kein Wunder. Das Wasser ist eiskalt und salzig. Egal. Sabine hält 1000m durch, Klaus muss schon früher raus. Die Dusche wärmt auch nicht besonders. Nach einem heißen Kaffee in der Sonne geht es wieder. Und beim anschließenden zweiten Spaziergang an der Küste schwitzen wir schon wieder. Ein gelungener Sommertag im November.

Im Sturm geht’s weiter: Golfo del Castellammare
Als leuchtender Weihnachtsbaum durch einige Tunnels
Meterhohe endlos lange Wellen…
… bis zu 2 Metern hoch.

Castellammare del Golfo: der Hafen…
… die Altstadt…
… und die Gischt an der Hafenmauer…
… und am nächsten Morgen unser Hotel im strahlenden Sonnenschein.
Es geht weiter nach oben zum Belvedere über Castellammare…
… die Dachlandschaft erinnert…
… Nordafrika.
Über tolle Küstenstraßen…
… vorbei an Weinreben vor den sizilianischen Marmorbrüchen…
… über Pässe und an Olivenhainen vorbei…
Bis nach San Vito Lo Capo
Schönste Strecken direkt am Meer vor der kilometerlangen Kletterwand.
Blick auf San Vito Lo Capo in der Abendsonne.
Hier waren wir nicht einkaufen!!
Auch beim nächsten Meilenstein…
… wird vor faszinierender Kulisse stolz gestrahlt.
Und wieder erreichen fast im Dunkeln…
… den Campingplatz. die Tage sind einfach zu kurz.
Wanderung am Morgen vor der kilometerlangen Kletterwand.
Leider endet die Wanderung…
… an einem Felsvorsprung.
Die Natur begeistert uns…
… nach den beiden Regentage blüht es überall…
… in allen Farben…
… aus jeder Ritze…
… und in strahlendem Gelb.
Der Eingang zu einer tiefen Grotte.
Nach dem Schwitzen…
… kommt die Abkühlung…
… um dann bei der zweiten Wanderung erneut zu schwitzen.
Wir beobachten die Kletterer…
… in den goldgelben…
… Felsen des Tafelbergs.

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